Erben in Europa – die EU-Erbrechtsverordnung

Die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO), die schon seit dem 16. August 2012 in den meisten EU-Staaten in Kraft ist, soll die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen von Justizbehörden und die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen im Erbrecht  unterstützen und erleichtern. Erben können für Todesfälle ab dem 17. August 2015 ihre Rechte im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Erbfällen leichter durchsetzen.

Was die Verordnung verhindern will, ist, dass für Teil-Vermögen in dem einen EU-Mitgliedsstaat anderes Recht gilt, als für Teil-Vermögen in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, also eine Nachlassspaltung eintritt.

Davor galt überall das Prinzip der Staatsangehörigkeit: stirbt ein Deutscher auf Mallorca, dann gilt für ihn deutsches Recht. Dies wird durch die EU-Verordnung jetzt fundamental geändert: ab dem 17.08.2015 gilt das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes. Verbringe ich als Deutscher daher meinen Lebensabend zum Beispiel in Italien, so gilt für die Erbfolge italienisches Recht! Einzige Voraussetzung ist der gewöhnliche Aufenthalt, also die Häufigkeit der Anwesenheit des Erblassers, soziale Bindungen, usw. Hierzu muss der Erblasser nicht einmal mehr geschäftsfähig sein, denn der Aufenthaltsort ist eine rein tatsächliche Angelegenheit.

Diese Anknüpfung kann zu unerwünschten Folgen führen, die nur dadurch zu ändern sind, dass der Erblasser ein Testament errichtet, dass auch durch die EU-Erbrechtsverordnung anerkannt wird. Die Form des Testaments ist in der Verordnung nicht geregelt, sondern im Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anwendbare Recht. Da dieses Abkommen nicht alle Staaten unterzeichnet haben, in denen die Europäische Erbrechtsverordnung anwendbar ist, ist zusätzlich Art. 27 EU-ErbVO anwendbar. Die Vorschrift regelt detailliert die Voraussetzungen der Formgültigkeit einer Verfügung von Todes wegen. Grundsätzlich reicht es aus, wenn das Recht des Staates eingehalten wird, in dem der Erblasser sein Testament erstellt.

Zusätzlich zu der Testamentserrichtung muss der Erblasser aber auch festlegen, welches Recht gelten soll. Die EU-Erbrechtsverordnung lässt eine Rechtswahl zu, die es dem Erblasser sicher ermöglicht, festzuhalten, was er geregelt haben möchte.

In einer Verfügung von Todes wegen kann der Erblasser das Recht des Staates wählen, dem er bei der Rechtswahl oder bei seinem Tod angehört. Das kann auch das Recht eines Drittstaates sein. Mehrstaater können jede Rechtsordnung wählen, der sie angehören.

Das sogenannte Erbstatut betrifft dann das Erbrecht insgesamt: das anwendbare gesetzliche Erbrecht, die erbberechtigten Personen, deren Erbquoten, mögliche Enterbungen, Vermächtnisse, Annahme und Ausschlagung der Erbschaft sowie Pflichtteile oder diesbezügliche Noterbrechte.

Mit einer solchen Rechtswahl könnten theoretisch Erben ausgeschlossen werden, weil das Pflichtteils- und Noterbrecht in einzelnen europäischen Staaten anders ausgestaltet sind. Wie immer gilt allerdings der Grundsatz, dass es zweifelhaft ist, wenn allein zur Umgehung von Regelungen Rechtswahlen erfolgen.